Die Liebesbriefe meines Großvaters an meine Großmutter sind für mich mit die wertvollsten Erinnerungen, die mir anvertraut wurden.
Über 70 Jahre alte Erinnerungen.
Über 70 Jahre altes Papier.
Noch immer lebendig.
Mehrere Briefe in der Woche kamen mitunter zusammen, der räumlichen Trennung geschuldet.
Und doch beschränkte man sich auf die Essenz der Erlebnisse. Auf die wesentlichen Gefühle.
So manches Stirnrunzeln, so manch kleines Ärgernis verlor an Kraft, an Bedeutung über diesen puristischen Austausch. Manchmal allein schon deshalb, weil es verflog, nachdem es einmal aufgeschrieben war. Und so landete ein vielleicht verletzendes Wort viel häufiger zerknüllt im Briefkasten, als im Herzen des anderen.
Ich mag Briefe. Und könnte ich den Menschen, die ich auf keinem Kommunikationsweg dieser Nachwelt mehr erreichen kann, einen einzigen schreiben – er würde vor Liebe triefen.