Schmetterlingsflügelgrüße

Die Ironie der digitalen Welt. Alles scheint greifbar nah und ist manchmal doch unerreichbar weit entfernt.
Sie hält dir den Spiegel vor und erinnert dich hier und da ungefragt an Ereignisse. So klein und unbedeutend sie damals auch waren, können sie dich heute umwerfen.

Wie ein Schmetterling der Jahre entfernt mit den Flügeln schlägt und damit einen Sturm in die Gegenwart schickt.

28. September Zweitausendzehn. Facebook erinnert mich an einen Post von vor acht Jahren. Ein Lied, das mir damals gefallen hat. Ein Like hat es bekommen. Ein lächerliches, kleines „gefällt mir“, könnte man heute meinen. Doch wieviel Gewicht bekommt es plötzlich, wenn eben diese kleine Sympathiebekundung von jemandem stammt, der heute nicht mehr sagen kann: „Das mag ich auch!“

Ein Like. Es stammt von dir. „Please don´t go“ hieß das Lied.
Du mochtest es.
„When i wake up tomorrow, will you still be here?“ fragt der Sänger.
Du mochtest es.

Und hast mir das mit diesem simplen Klick gezeigt. Und damit gleichzeitig gesagt: Wir haben etwas gemeinsam. Wir teilen den gleichen Geschmack oder zumindest gerade ein Gefühl.

„When i wake up tomorrow …“
28. September Zweitausendzehn. 3 Monate und 9 Tage später bist du nicht mehr aufgewacht. Nie wieder.
„…will you still be here?“
Nein, du wirst nicht mehr da sein.
Ja, du wirst immer da sein.

In meinem Herzen. In meinen Erinnerungen.
Die wie Schmetterlinge Jahre entfernt mit den Flügeln schlagen und damit Stürme in die Gegenwart schicken. Ich mag Stürme.

Ich mag diese kleinen Reminder, dass es dich gab. Ich lese gern deine Worte – und bin gleichzeitig wie gelähmt, weil ich dir nicht mehr darauf antworten kann. Ein wenig halte ich mich an dem Gedanken fest, dass wir dennoch kommunizieren. Ganz ohne Tinte und Strom. Über Schmetterlingsflügelgrüße.

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Wir sind so sehr auf der Jagd nach Bestätigung, dass wir vergessen, wie wichtig eine einzelne, vielleicht ganz leise, Sympathiebekundung ist. Hinter jeder Interaktion steht ein Mensch, der dir Gedanken schenkt. Er hat sie dir gewidmet. Vielleicht nur Nanosekunden. Vielleicht viele Atemzüge lang. Vielleicht hat er gelächelt dabei. Vielleicht geweint. Er hat dir seine Zeit gegeben.

Zeit, die auch für ihn endlich ist. Und für dich.
Wer weiß wie schnell.