Metaphern und Phrasen, Spruchkarten und Memes …
… das ist ja genau mein Ding. Ich schleudere die in etwa so inflationär raus, wie die Kölner Kamelle zum Karneval.
Es gibt allerdings eine Weisheit, über die ich immer wieder stolpere, die ich grundsätzlich sinnhaft finde und bei der ich mich in der Umsetzung dennoch so schwer tue.
„Wenn der Weg schön ist, dann frage nicht, wohin er führt.“
Puuuuuh. Freunde, ganz ehrlich? Das fällt mir enorm schwer.
So sehr ich immer predige, im Moment zu bleiben. So sehr ich das „Hier und Jetzt“ heroisiere – ich bin doch auch gern vorbereitet. Ich hab Spaß an der Wanderung und ganz besonders in den ergreifenden Momenten bin ich natürlich voll da.
Aber IRGENDWANN sitzt diese Frage wie ein kleines, nicht greifbares Haar auf meiner Zunge. „Äääähm, wie lang noch? Und … wo geht’s eigentlich hin?“
Dabei treiben mich ständig wechselnde Gedanken um.
Zum Einen: Mir ist bewusst, dass man nicht allem gleich einen Namen geben muss, weil man sich dann der kreativen Individualisierungen beraubt.
Wenn ich außerdem das Ziel von vornherein kenne, bin ich unter Umständen zu fixiert aufs Ankommen und schaue gar nicht mehr nach links und rechts. Macht grundsätzlich Sinn, wenn es rein um den Erfolg geht. Aber im Leben geht’s doch nicht immer nur um Erfolg. Oder?
Mal angenommen, ich würde ein Buch schreiben wollen, und jemand würde mir die universelle Garantie dafür geben, dass es weder Hunz noch Kunz interessiert – würde ich es bleiben lassen? Und mich damit all´ der Erfahrung berauben, die auf dem Weg dorthin liegen? Ließe mir all´ die Menschen unbekannt, die ich auf der Reise kennen lernen könnte? Schon mehr als schade. Vielleicht wäre man manche Wege nicht gegangen, wenn man das Ziel gekannt hätte. Besonders wenn man rückblickend sieht, wie schmerzhaft und kräftezehrend der Marsch war.
Zum Anderen: Vielleicht ist man aber manche Wege nur deshalb gegangen, WEIL man das Ziel kannte, obwohl einem klar war, wie schmerzhaft und kräftezehrend der Marsch werden würde. Denn dann kann man Energien besser einteilen. Wenn ich mich beispielsweise nicht so ausführlich mit der Krankheit meines Vaters beschäftigt und mir medizinisches Halbwissen angeeignet hätte; wenn mir in diesen ganzen Monaten nicht klar gewesen wäre, wohin die Reise – seine letzte – gehen wird; ich weiß nicht, ob ich nicht irgendwann selbst einfach hätte stehen bleiben müssen, weil mir die Kraft ausgeht. Auch ein Marathon läuft sich in den wenigsten Fällen ohne Vorbereitung.
Fakt ist, es gibt nicht immer ein fest definiertes Ziel. Manchmal ist den Weg vor dir noch keiner gegangen. Es gibt keine Karte, niemand, in dessen Fußstapfen du steigen kannst. Du formst diesen Weg ganz nach deiner Fasson. Und selbst wenn das Ziel fest steht: manchmal landest du trotzdem ganz woanders. Der Kolumbuseffekt. 1492 war ein Wendepunkt in der Geschichte der Menschheit. Wenn jetzt irgendjemand dem Christoph gesagt hätte: „Keule, spar´ dir die Kraft. Das mit Indien wird nüscht!“ was wäre dann wohl passiert?
Und dennoch, oder gerade deshalb kann und werde ich die o.a. Weisheit nicht vorbehaltlos umsetzen. Ich möchte das Ziel kennen, ohne gleich hin rennen zu müssen. Ich möchte den Weg genießen ohne Zeitdruck. Sind bei A? Gehen zu B? Alles klar! Kann losgehen.
Ich bin jemand, der sich auch gern in den Dschungel des Lebens stürzt, der sich mit der Machete der Lebensfreude seinen Weg frei lacht, sich Kratzer holt und diese auch als Trophäe trägt. Aber ich will dabei den Horizont zumindest vor dem inneren Auge behalten.
Und so, wie ich mich ins Leben stürze, falle ich manchmal auch in Menschen.
Die allermeisten fügen sich ohne große Veränderung des eigenen Weges ein. Begleiten dich nur ein Stück oder gehen voraus und du triffst sie wieder.
Und dann gibt es ein paar wenige, die den Pfad unter dir und die Umgebung um dich verändern. Plötzlich fliegen farbenprächtige Falter um dich, kleine Fische springen aus dem kleinen Fluss neben dir, den du bisher gar nicht wahrgenommen hast. Man kommt sein Leben lang ohne sie aus und plötzlich sind sie da und du fragst dich, wo sie die ganze Zeit gewesen sind.
Und da mir das selten passiert und genau diese Menschen die Möglichkeit haben, tatsächlich meine innere Straßenkarte umzuschreiben, ist mir anfangs bange.
Während ich von außen vorsichtig bis neugierig wirke, rauscht in mir bereits ein majestätischer Wasserfall an Emotionen und füllt mich bis in die Fingerspitzen. Die anfängliche Schlenderei verändert sich und mein Herz ist nur noch ein Flüstern entfernt von: „Ich glaub, ich würde gerne länger an deiner Seite bleiben. Und nur an deiner“.
Und oft, zu oft habe ich mich dann an den Spruch erinnert: „Wenn der Weg schön ist, dann frage nicht, wohin er führt.“ Obwohl auf meiner Zunge diese Frage liegt, wie ein kleines, nicht greifbares Haar: „Haben wir das gleiche Ziel?“
Und oft, zu oft habe ich sie nicht gestellt, weil ich Angst hatte, dass es dann plötzlich nicht mehr schön ist.
Und oft, zu oft hab ich mich dann schweigend verlaufen. Verschlendert.
Und manchmal stand ich dann im gefühlten Hauch eines Wimpernschlags allein auf einer Lichtung. Wusste weder, wie ich dort hingekommen bin, noch, wie ich wieder nach Hause kommen soll. Neben mir liegen die eben noch farbenfrohen Falter im letzten Flügelzucken. Das Flussbett liegt trocken. Die Machete stumpf.
Wenn ich doch nur gefragt hätte.
Vielleicht wäre ich nicht so weit vom Weg abgekommen.
Ich will nicht einfach ziellos durch das Leben laufen. Ich möchte viele kleine Zwischenziele definieren – unabhängig davon, ob ich sie dann auch wirklich erreiche. Ich möchte nichts ungesagt lassen, das mir etwas bedeutet. Ich möchte nicht ohne Antworten bleiben.
Gern können wir eine Weile spazieren und nur die Gegenwart genießen. Aber irgendwann – wenn das Schlendern in einen Rhythmus übergeht, der harmonisch mit dem Herzen Melodien schreibt – sollten wir unsere Karten auf den Tisch legen und die nächste Rast ansteuern.
Und wenn es dann unwegsam wird, schlammig oder glatt, werde ich nicht weichen. Ich werden führen und werde folgen – mit dem Ziel vor Augen.
Zugegeben, als Mann zuzugeben, dass man(n) von deinen Worten mehr als beeindruckt sein kann, fällt nicht leicht.
Anderen mit Zeilen, Worten und Gesten Mut zu machen, sie zu motivieren und aufzubauen ist eine besondere Gabe, dasselbe aber an eigenem Leib und eigener Seele anzuwenden, eine ständige Herausforderung. Ich kenne dich nicht, jedenfalls nicht so, dass man es „kennen“ nennen kann. Ich meine aber, der aufmerksame Leser kann zwischen deinen Zeilen weit mehr über dich erfahren, als dass er augenscheinlich lesen kann ;).
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In the jungle, it’s hard to go your own way without that old machete. So, why not choose the tundra? You see everything around you, with your eyes on your horizon. Only when the fog rolls in, it’s good to have a plan…
And no matter where you start your journey, remember Andy Warhol’s words:
„I’m afraid that if you look at a thing long enough, it loses all of its meaning.“
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